Was ist FASD?
Noch Fragen?
Die Fetalen Alkohol-Spektrumstörungen, kurz: FASD, entstehen durch mütterlichen Alkoholkonsum in der Schwangerschaft. Sie haben noch Fragen zu FASD? Die häufigsten Fragen habe ich hier zusammengestellt:
FAQ
Ist FASD nur ein Problem von Alkoholikerinnen?
Nein!
Fetale Alkohol Spektrum Störungen können durch jede Menge Alkohol entstehen. Ein Glas kann ausreichen um das Kind zu schädigen. Alkohol ist ein Zellgift. Es gibt keine Menge, dieser Droge, die für ein Baby und erst recht nicht für einen Embryo oder Fötus unbedenklich ist. Das Zellgift Alkohol fragt nicht nach Sucht oder nicht Sucht - viel oder wenig und entscheidet dann, ob es ein Zellgift ist. Es wirkt immer! Etwa 30 % der Schwangeren in Deutschland trinken Alkohol. Und das Baby trinkt mit! Darum gilt: Wenn schwanger dann ZERO.
Meine Freundin hat Silvester 2 Gläser Sekt getrunken. Ihr Kind ist gesund. Darf ich das auch?
Nein!
Die Freundin und ihr Kind hatten Glück. Es kommt bei der Entstehung des Schadens auf den Stoffwechsel von Kind und Mutter an und auf die Gene des Kindes. Stoffwechsel und Gene sind entscheidende Faktoren für die Art und Schwere der Schädigung. Auf den Rat der Freundin zu hören wäre darum wie Lotto mit der Gesundheit des Kindes zu spielen.
Was ist der Unterschied zwischen FASD und FAS?
FASD ist eine englische Abkürzung und heißt Fetal Alcohol Spectrum Disorder.
FAS ist eine deutsche Abkürzung und heißt Fetale Alkohol Spektrum Störungen.
Beide Begriffe bezeichnen die gleiche vorgeburtliche Schädigung durch Alkohol. Es gibt keinen Unterschied. FASD und FAS sind Oberbegriffe für das ganze Spektrum der lebenslangen Folgen durch mütterlichen Alkoholkonsum von Schwangerschaftswoche 1 bis zur Geburt des Kindes.
Auch die älteren Oberbegriffe Fetales Alkohol Syndrom, Alkoholembryopathie, Alkoholeffekte und Alkoholembryofetopathie bezeichnen dieselbe Schädigung des ungeborenen Kindes durch Alkohol in der Schwangerschaft. Heute wird meist der moderne Begriff Fetale Alkohol Spektrum Störungen benutzt.
Ist das ungeborene Kind in den ersten 12 Wochen der Schwangerschaft geschützt?
Nein.
Alkohol geht durch die Plazenta (er ist Placentgängig) und gelangt immer sofort zum Kind. Andere Drogen tun das übrigens auch. In den ersten 12 Wochen sind Gehirn, ZNS (zentrales Nervensystem) und Herz sogar besonders gefährdet geschädigt zu werden.
Ist das Thema neu?
Nein.
FASD ist seit der Antike bekannt.
Zum Beispiel wird in der Bibel erwähnt, daß auf Wein in der Hochzeitsnacht verzichten soll, wer gesunde Söhne (!) bekommen möchte: Richter, Kapitel 13, Vers 1-7. Dieser Text ist etwa 3000 Jahre alt.
1736 fiel in England während der sog. Gin-Epidemie der Zusammenhang von Alkoholkonsum und vorgeburtlicher Schädigung auf und 1899 wunderte sich der Gefängnisarzt W.C. Sullivan über den gesunden Nachwuchs der inhaftierten Frauen und führte dies auf den fehlenden Alkoholkonsum zurück.
1957 veröffentliche die Ärztin Jacqueline Rouquette in Frankreich die erste Dissertation zu FASD. Sie untersuchte für ihre Doktorarbeit 100 Kinder von Müttern, die getrunken hatten und beschrieb als Erste FAS präzise.
1973 gaben David Smith und Ken Jones in den USA dem Fetalen Alkoholsyndrom den Namen: Fetal Alcohol Spectrum Disoder / FAS.
Die Unterdiagnosen von FASD heißen FAS-Vollbild, pFAS und ARND. Kann man sagen, welche weniger schlimm ist?
Nein.
Die Unterdiagnosen sind eine wissenschaftlich orientierte Systematik in der Medizin, die nichts über Schwere der Schädigung aussagt. Die Alltagskompetenz von Menschen mit FASD ist individuell sehr verschieden, egal ob ein FAS-Vollbild, ein pFAS oder ein ARND vorliegt.
Für die Unterdiagnosen gilt:
Der Unterschied ist, ob alle Diagnose-Kriterien nach der S3-Leitlinie erfüllt sind (FAS-Vollbild), nur ein Teil (pFAS) oder nur wenige (ARND).
Eine S3-Leitlinie wird von der Medizin entwickelt, um verbindliche Diagnose-Kriterien zu haben, die eine zutreffende, präzise Diagnose ermöglichen. Eine S3-Leitlinie ist ein hoher wissenschaftlicher Standard. Die S3-Leitlinie FASD gibt es in Deutschland seit etwa 2012. Medizinerinnen und Mediziner sind aber nicht verpflichtet, sich an diesen Standard zu halten.
Haben alle Menschen mit FASD die gleichen Probleme?
Nein.
FASD ist eine Spektrumstörung. FASD kann mit einer schweren geistigen Behinderung einhergehen, einer leichter geistige Behinderung, einem normalen oder sogar einem sehr hohen IQ von 130 und mehr. Alkohol ist ein Zellgift, das auf jede Zelle des ungeborenen Kindes einwirkt. Dadurch können z.B. Schäden an den Augen, Zähnen, Gelenken, Herz oder Nieren auftreten. Das Gehirn und ZNS sind immer betroffen, aber die Art und Schwere der Schädigung ist insgesamt individuell verschieden.
Es gibt Menschen mit FASD / FAS, die studieren, Auto fahren, segeln oder fliegen und es gibt Menschen mit FASD, die Unterstützung in sehr vielen oder sogar allen Bereichen des täglichen Lebens brauchen.
Das Hauptproblem ist die Schädigung des Frontalhirns (präfrontaler cortex). Dieser Teil des Gehirns ist für die Exekutivfunktionen zuständig. Wird das Frontalhirn durch das Zellgift Alkohol schon in der gesunden Entstehung gehindert, hat das Kind - oft ein Leben lang - Probleme mit den Exekutivfunktionen wie z.B.:
- Ursache und Wirkung erkennen
- aus Erfahrung lernen
- abstrakte Konstrukte wie Zeit, Geld und Mathe verstehen
- Planung und Reihenfolgeplanung
- gespeichertes Wissen abrufen
- Kurzzeitgedächtnis
- Arbeitsgedächtnis
- Impulskontrolle
- räumliches Gedächtnis
- Nähe und Distanz
- Absichten anderer erkennen
Die Ausprägung dieser ZNS-Schädigung ist individuell verschieden.
FASD ist nicht heilbar. Ist es dann nicht egal, ob eine Diagnose gestellt wird oder nicht?
Nein.
Menschen mit Fetaler Alkohol Spektrum Störung geraten oft in eine Abwärtsspirale aus Stress, Überforderung und Scheitern, wenn FASD nicht erkannt oder berücksichtigt wird. Eine frühe Diagnose und die richtige Unterstützung können hier viel bewirken.