Was ist FASD?
Noch Fragen?
Die Fetalen Alkohol-Spektrumstörungen, kurz: FASD, sind ausgesprochen vielfältig. Eine Diagnostik sollte deshalb in einer FASD-Fachambulanz erfolgen.
Menschen mit FASD können sich stark voneinander unterscheiden. Bei FASD gilt deshalb die Regel: "Kennst du ein Kind mit FASD, kennst du eins."
Die Bezeichnung FASD bezieht sich auf ein großes Spektrum an Symptomen. Manche Menschen sind lediglich leicht von einzelnen Symptomen beeinträchtigt, während andere ein Leben lang Hilfe und Unterstützung benötigen.
Sie haben noch Fragen zu FASD? Die häufigsten Fragen habe ich hier zusammengestellt:
FAQ
Ist FASD nur ein Problem von Alkoholikerinnen?
Nein!
Fetale Alkohol Spektrum Störungen können durch jede Menge Alkohol entstehen.
Ein Glas kann ausreichen um das Kind zu schädigen.
Alkohol ist ein Zellgift.
Es gibt keine Menge dieser Droge, die für ein Baby und erst recht nicht für einen Embryo oder Fötus unbedenklich ist. Das Zellgift Alkohol fragt nicht nach Sucht oder nicht Sucht, viel Alkohol oder wenig Alkohol und entscheidet dann, ob es ein Zellgift ist oder nicht. Das Zellgift Alkohol greift in jeder Menge die Gehirn und Nervenzellen des ungeborenen Kindes an.
Darum gilt: Wenn schwanger dann ZERO.
Gibt es Risokogruppen für die Entstehung von FASD?
Ja, die gibt es. Dazu gehören Alkoholikerinnen und Frauen aus prekären Verhältnissen, aber auch Frauen, wie sie und ich:
- Teenager
- ältere Schwangere um die 40 J.
- Frauen, die ungeplant schwanger werden
- Frauen, deren Periode nicht ausbleibt
Manchmal bemerken Frauen die Schwangerschaft erst spät und trinken bis dahin ganz normal weiter wie z. B. einen Prosecco am Wochenende oder einen Sekt am Geburtstag. Oder Schwangere wollen die Schwangerschaft noch nicht öffentlich machen und trinken deshalb in Gruppen mit, um nicht aufzufallen und Fragen zu vermeiden.
Andere Risikogruppen sind:
- Akademikerinnen
- Frauen mit hohem sozio-okönomischen Status
Hier geht es eher um Life-style, savoire vivre und eine fatale Fehleinschätzung des Risikos für das ungeborene Kind.
Etwa 30 % der Schwangeren in Deutschland trinken Alkohol (Spohr, Charité 2013).
Meine Freundin hat Silvester 2 Gläser Sekt getrunken. Ihr Kind ist gesund. Darf ich das auch?
Nein!
Die Freundin und ihr Kind hatten Glück. Es kommt bei der Entstehung des Schadens auf den Stoffwechsel von Kind und Mutter an und auf die Gene des Kindes. Stoffwechsel und Gene sind entscheidende Faktoren für die Art und Schwere der Schädigung. Auf den Rat der Freundin zu hören wäre deshalb keine gute Idee.
Ist das ungeborene Kind in den ersten 12 Wochen der Schwangerschaft vor einem Alkoholschaden geschützt?
Nein.
Alkohol geht durch die Plazenta (er ist Placenta gängig) und gelangt immer sofort zum Kind. Andere Drogen tun das übrigens auch. In den ersten 12 Wochen sind Gehirn, ZNS (zentrales Nervensystem) und Herz sogar besonders gefährdet geschädigt zu werden.
Ist das Thema neu?
Nein.
FASD ist seit der Antike bekannt.
Zum Beispiel wird im hebräischen Teil der Bibel, im Tanach, erwähnt, daß auf Wein in der Hochzeitsnacht verzichten soll, wer gesunde Söhne (!) bekommen möchte: Richter, Kapitel 13, Vers 1-7. Dieser Text ist etwa 3000 Jahre alt.
1736 fiel in England während der sog. Gin-Epidemie der Zusammenhang von Alkoholkonsum und vorgeburtlicher Schädigung auf und schaffte es sogar bis ins Parlament.
1899 wunderte sich der Gefängnisarzt W.C. Sullivan in England über den gesunden Nachwuchs der inhaftierten Frauen und führte dies auf den fehlenden Alkoholkonsum zurück. Er hatte nämlich erwartet, das "diese" Frauen immer beeinträchtigte Kinder zur Welt bringen.
1957 veröffentliche die Ärztin Jacqueline Rouquette in Frankreich die erste Dissertation zu FASD. Sie untersuchte für ihre Doktorarbeit 100 Kinder von Müttern, die getrunken hatten und beschrieb als Erste FAS präzise.
1973 gaben David Smith und Ken Jones in den USA dem Fetalen Alkoholsyndrom den Namen: Fetal Alcohol Spectrum Disoder / FAS.
Seither wird u.a. in den USA und Canada, an der Charité Berlin und der Uniklinik Münschen intensiv geforscht.
Was ist der Unterschied zwischen FASD und FAS?
FASD ist eine englische Abkürzung und heißt Fetal Alcohol Spectrum Disorder.
FAS ist eine deutsche Abkürzung und heißt Fetale Alkohol Spektrum Störungen.
Beide Begriffe bezeichnen die gleiche vorgeburtliche Schädigung durch Alkohol. Es gibt keinen Unterschied. FASD und FAS sind Oberbegriffe für das ganze Spektrum der lebenslangen Folgen durch mütterlichen Alkoholkonsum von Schwangerschaftswoche 1 bis zur Geburt des Kindes.
Andere ältere Oberbegriffe sind:
- Fetales Alkohol Syndrom
- Alkoholembryopathie
- fetale Alkoholeffekte
- Alkoholembryofetopathie
Alle Oberbegriffe bezeichnen dieselbe Schädigung des ungeborenen Kindes durch Alkohol in der Schwangerschaft. Heute wird meist der moderne Begriff Fetale Alkohol Spektrum Störungen (FASD) benutzt.
Die Unterdiagnosen von FASD heißen FAS-Vollbild, pFAS und ARND. Kann man sagen, welche weniger schlimm ist?
Nein.
Die Unterdiagnosen sind eine natur-wissenschaftlich orientierte Systematik in der Medizin, die nichts über Schwere der Schädigung und Probleme im Alltag aussagt.
FASD ist eine ZNS-Schädigung, die ein Leben lang Folgen für die Kinder hat.
Das ZNS ist geschädigt bei der Unterdiagnose:
- FAS-Vollbild
- pFAS
- ARND
Für die Unterdiagnosen gilt:
Der Unterschied ist, ob alle Diagnose-Kriterien nach der S3-Leitlinie erfüllt sind (FAS-Vollbild), nur ein Teil (pFAS) oder nur wenige (ARND).
Eine S3-Leitlinie wird von der Medizin entwickelt, um verbindliche Diagnose-Kriterien zu haben, die eine zutreffende, präzise Diagnose ermöglichen. Eine S3-Leitlinie ist ein hoher wissenschaftlicher Standard. Die S3-Leitlinie FASD gibt es in Deutschland seit etwa 2012. Medizinerinnen und Mediziner sind aber nicht verpflichtet, sich an diesen Standard zu halten.
Ist FASD selten?
Nein.
1 von 50 Kindern wird in Deutschland mit FASD geboren.
Dazu kommt noch eine Dunkelziffer, die vermutlich hoch ist.
Haben alle Menschen mit FASD die gleichen Probleme?
Nein.
FASD ist eine Spektrumstörung.
FASD kann mit einer schweren geistigen Behinderung einhergehen, einer leichter geistige Behinderung, einem normalen oder sogar einem sehr hohen IQ von 130 und mehr. Alkohol ist ein Zellgift, das auf jede Zelle des ungeborenen Kindes einwirkt. Dadurch können z.B. Schäden an den Augen, Zähnen, Gelenken, Herz oder Nieren auftreten.
Das Gehirn und ZNS sind immer betroffen, aber die Art und Schwere der Schädigung ist insgesamt individuell verschieden. Es gibt Menschen mit FASD / FAS, die studieren, Auto fahren, segeln oder fliegen und es gibt Menschen mit FASD, die Unterstützung in sehr vielen oder sogar allen Bereichen des täglichen Lebens brauchen.
FASD ist nicht heilbar. Ist es dann nicht egal, ob eine Diagnose gestellt wird oder nicht?
Nein. Nicht immer. Es kommt auf den Einzelfall an.
Menschen mit Fetaler Alkohol Spektrum Störung geraten oft in eine Abwärtsspirale aus Stress, Überforderung und Scheitern, wenn FASD nicht erkannt oder berücksichtigt wird. Eine frühe Diagnose und die richtige Unterstützung können hier viel bewirken. Sie sind entscheidende Faktoren für einen guten Langzeit-Outcome bei FASD. Aber eine Diagnostik bedeutet leider auch nicht automatisch, dass die nötigen Hilfen bereitgestellt werden.
Stress, keine Diagnose oder eine "normale" Pädagogik sind Faktoren für einen schlechten Langzeit-Outcome bei FASD. Verstärkerpläne und Antiaggressions-training können z.B. die Situation von Kindern mit FASD sogar verschlechtern.
Wie kann Kindern mit FASD geholfen werden?
Kinder mit FASD brauchen eine frühe Diagnose und Eltern und Fachkräte, die umdenken! FASD ist eine neurologische Schädigung. Nur wer das verstanden hat, kann mit der Förderung der Kinder beginnen.